Aufgrund der fehlenden Knautschzone enden die meisten Verkehrsunfälle mit Fahrradfahrerbeteiligung für einen Radfahrer auf dem Asphalt. Selbst wenn der Unfall für den Radfahrer glimpflich verläuft, keine Frakturen oder Kopfverletzungen vorliegen, sind nach einem Fahrradunfall Prellungen die häufigste Folge. Und gerade Prellungen sind häufig besonders schmerzhaft! Daher stellt sich nach einem Fahrradunfall mit Prellungen die Frage nach einem Schmerzensgeld. Hinsichtlich der Höhe des Schmerzensgeldes herrscht jedoch Unsicherheit.
Wie bestimmt sich die Höhe von Schmerzensgeld?
Das Schmerzensgeld ist eine immaterielle schadensersatzrechtliche Position, die in § 253 Abs. 2 BGB normiert ist.
Das Schmerzensgeld soll dabei nicht die Heilbehandlungskosten, die nach einem Unfall entstehen, ausgleichen, sondern als Ausgleichs- und Genugtuungszahlung eine Wiedergutmachung für körperliche Schmerzen darstellen. Um der Ausgleichs- und Genugtuungsfunktion gerecht zu werden, muss das Schmerzensgeld deshalb „angemessen“ sein. Die Frage nach der Angemessenheit bereitet aber Probleme:
Zwar ist unstreitig, dass ein Schmerzensgeld für eine schwere Verletzung höher sein muss als bei einer leichten Verletzung, dies beantwortet aber nicht die Frage, ob ein gebrochener Arm dann ein Schmerzensgeld in Höhe von 500,00 €, 1.000,00 € oder 2.000,00 € rechtfertigt.
Orientierungspunkte für die Angemessenheit ergeben sich aus den Schmerzensgeldtabellen. Dabei handelt es im Urteilslisten, die die Höhe von Schmerzensgeldern bei bestimmten Verletzungsbildern festlegen. Denn gemäß § 287 ZPO ist die Höhe eines Schmerzensgeldes der „freien Würdigung“ des Gerichts und des entscheidenden Richters überlassen.
Mehr als Anhaltspunkte kann die Schmerzensgeldtabelle deshalb nicht liefern. Denn jeder Verletzungsfall ist anders und die Schmerzensgeldtabelle ist aufgrund der freien, richterlichen Entscheidung nicht bindend.
Lesen Sie hier die 7 wichtigsten Urteile zu Fahrradunfällen!
Bekomme ich bei Prellungen nach einem Fahrradunfall Schmerzensgeld?
Bei ganz leichten Verletzungen gibt die gegnerische Versicherung teilweise an, dass es sich um eine Bagatellverletzung handelt, die kein Schmerzensgeld rechtfertigt. Die Rechtsprechung definiert eine Bagatellverletzung folgendermaßen:
„solche Beeinträchtigungen, die sowohl von der Intensität als auch der Art der Primärverletzung her nur ganz geringfügig sind und üblicherweise den Verletzten nicht nachhaltig beeindrucken, weil es sich um vorübergehende, im Alltagsleben typische und häufig auch aus anderen Gründen als einem besonderen Schadensfall entstehende Beeinträchtigungen des körperlichen oder seelischen Wohlbefindens handelt, die im Einzelfall weder unter dem Blickpunkt der Ausgleichs- noch der Genugtuungsfunktion ein Schmerzensgeld als billig erscheinen lassen.“ (BGH, 30.04.1996 – VI ZR 55/95)
Wenn eine Verletzung lediglich Folge des normalen Zusammenlebens in einer Gesellschaft ist, wie zum Beispiel ein kurzes Unwohlbefinden, wenn sich jemand im Supermarkt an einem vorbeidrängt, wird die Bagatellgrenze nicht überschritten.
Prellungen hingegen sind Quetschungen des Gewebes, die teilweise wochenlang im Alltagsleben spürbar sind. Zwar ist es nicht ausgeschlossen, dass im konkreten Einzelfall eine Prellung so gering ist, dass sie die Bagatellgrenze nicht überschreitet. Sollte aber ein Fahrradfahrer von der Sattelhöhe auf dem Boden aufprallen, wird dabei grundsätzlich mehr als nur ein kleines Hämatom entstehen.
Sollte die gegnerische Versicherung also anbringen, dass nur eine Bagatellverletzung vorliegt, bietet es sich an, durch Arztberichte, Fotos der Verletzungen oder einem Schmerztagebuch nachzuweisen, dass die Verletzung gerade nicht nur eine kleine Unannehmlichkeit darstellt.
Wie viel Schmerzensgeld kann ich nach einem Fahrradunfall für eine Prellung verlangen?
Die Antwort auf diese Frage muss, wie oben angedeutet, natürlich lauten: Es kommt drauf an! Dies zeigen auch die Urteile, die bezüglich von Prellungen bereits ergangen sind. Im Folgenden möchten wir Ihnen eine kleine Auswahl dieser Urteile, die die Höhe Streuung der Schmerzensgelder bei Prellungen zeigen, präsentieren:
7.984,50 € OLG München, 08.05.2015
Schwere Prellungen an Hüfte und Schulter.
3.193,80 € OLG Naumburg, 28.04.2015
Prellungen der Rippe, hinzu kam noch eine HWS-Distorsion.
3.379,00 € OLG Köln, 20.07.1990
Schwer Prellung des Knies und der Hand.
2.373,50 € AG Heidenheim an der Brenz 30.04.1992
Prellung der Hoden, der Leisten und des Schädels.
1.158,43 € AG Alzey, 31.07.2008
Steißbeinprellung und Knieprellung
866,98 € AG Hannover, 16.06.1989
Reine Schulterprellung
Fazit
Die aufgelistete Urteilsauswahl zeigt, dass es einen großen Beurteilungsspielraum bei der Bemessung des angemessenen Schmerzensgeldes bei Prellungen gibt.
Deshalb sollten Sie die Berechnung und die Auseinandersetzung mit der gegnerischen Haftpflichtversicherung besser an Spezialisten abgeben. Wir von VINQO helfen Ihnen bei der Durchsetzung von Schmerzensgeldern- transparent und schnell!
Fahrradunfall- was tun? In unserem Ratgeber haben wir die wichtigsten Schritte für Sie zusammengefasst!