7 wichtige Urteile nach Fahrradunfall

Fahrradunfälle Rechtssprechung

Bei Fahrradunfällen besteht häufig Streit über die Schuldfrage – aber auch rechtliche Fragen müssen nach einem Fahrradunfall häufig durch einen Richter beantwortet werden. Wir stellen Ihnen deshalb die 7 wichtigsten Urteile für Fahrradfahrer vor:

Urteil Fahrradfahrer und Fußgänger

Rücksichtnahmepflicht von Radfahrern gegenüber Fußgängern auf gemeinsamen Rad- und Fußwegen BGH, Urteil vom 04. November 2008 – VI ZR 171/07 –

Sachverhalt: Ein Fahrradfahrer näherte sich einer Gruppe, die sich auf einem Fußgängerweg neben einem abgetrennten Fahrradweg aufhielten. Er klingelte, um auf sich aufmerksam zu machen. Als er sich der Gruppe näherte, setzte eine Fußgängerin gerade einen Schritt nach hinten auf den Radweg an. Der Fahrradfahrer vollzog eine Vollbremsung und stürzte dabei schwer. Nun verlangte er Schadensersatz.

Urteil: Nur weil der Fahrradweg von dem Fußweg farblich getrennt war, bedeutet dies nicht, dass der Fahrradfahrer weniger Rücksicht auf Fußgänger zu nehmen hat. Gerade wenn Fußgängerweg und Radweg so nah aneinander liegen, dass „abstrakt gefährliche“ Begegnungen nicht ausgeschlossen werden können, muss der Fahrradfahrer den Ansprüchen des § 1 Abs. 2 StVO genügen. („Wer am Verkehr teilnimmt hat sich so zu verhalten, dass kein Anderer geschädigt, gefährdet oder mehr, als nach den Umständen unvermeidbar, behindert oder belästigt wird.“)

 

Urteil Fahrradunfall ohne Helm

Mitverschulden des Fahrradfahrers, wenn er keinen Helm getragen hat, OLG Celle, Urteil vom 12. Februar 2014 – 14 U 113/13 –

Sachverhalt: Zwei Fahrradfahrer stießen aufeinander und stürzten. Der Kläger trug keinen Helm. Ein Gutachten ergab, dass seine massiven Hirnverletzungen durch einen Helm hätten erheblich gemindert werden könnten.

Urteil: Solange es keine Helmpflicht in Deutschland gibt, erwächst aus dem Nichttragen eines Helmes kein Mitverschulden nach § 254 Abs. 1 BGB. Etwas anderes gilt nur, wenn der Fahrradfahrer aus „persönlichen“ Gründen zu einem Helm verpflichtet wäre, beispielsweise weil er als Rennfahrer extreme Geschwindigkeiten erreicht oder weil er so unsicher fährt, dass ein Helm als zwingend notwendig anzusehen ist. 

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Urteil Fahrradfahrer überholt Fahrradfahrer

Pflichten des Fahrradfahrers beim Überholen eines anderen Fahrradfahrers, OLG Karlsruhe, Beschluss vom 30. Mai 2016 – 9 U 115/15 –

Sachverhalt: Eine Frau fuhr mit ihrem Fahrrad auf einem zwei Meter breiten Kieselsteinweg beinahe mittig. Ein überholender Fahrradfahrer streifte sie an der Schulter, woraufhin sie stürzte. Der Streifer gab an, die Fahrradfahrerin hätte sich nicht an das Rechtsfahrgebot gehalten.

Beschlussinhalt: Beim Überholen muss immer mit einer Schwankung des langsamen Fahrrades gerechnet werden. Wenn ein Überholen mit ausreichendem Sicherheitsabstand nicht möglich ist, muss auf den Überholvorgang verzichtet werden, oder durch Austausch mit dem langsamen Fahrradfahrer dieser angekündigt und genehmigt werden. Ein Rechtsfahrgebot existiert zwar auch auf Fahrradstreifen, jedoch bleibt die auch gewahrt, wenn der Fahrer 80 cm vom rechten Rand entfernt fährt.

Urteil zu Fahrradunfall mit Autotüren

Mitverschulden bei Vorbeifahren an parkenden Fahrzeugen, Öffnung der Autotür. Thüringer Oberlandesgericht, Urteil vom 28. Oktober 2008 – 5 U 596/06 –

Sachverhalt: Ein Fahrradfahrer fuhr an einer Reihe parkender Wagen mit 80-90 cm Abstand. Ein Autoinsasse öffnete überraschend die Tür, über die dann der Fahrradfahrer „flog“. Der Autofahrer warf dem Fahrradfahrer vor, dieser habe zu wenig Sicherheitsabstand gelassen.

Urteil: Zwar liegt in dem zu geringen Sicherheitsabstand eine Sorgfaltspflichtverletzung vor. Jedoch ist das unumsichtige Aufreißen der Autotür so ein schwerwiegender Verstoß gegen die Sorgfaltspflicht, dass der zu geringe Sicherheitsabstand nicht mehr als Mitverschulden nach § 254 BGB zu werten ist, da der Unfall weit überwiegend durch den Autoinsassen ausgelöst wurde.

Urteil zur Fahrradunfall auf Seitenstreifen

Vorfahrtsregeln bei dem Benutzen von Seitenstreifen OLG Hamm, Beschluss vom 16. Mai 2018 – I-7 U 2/18 –

Sachverhalt: Ein Fahrradfahrer fuhr auf dem Seitenstreifen einer Vorfahrtsstrafe mit erhöhter Geschwindigkeit und dem Kopf nach unten gesenkt. Von der rechten Seite kam ein anderer Fahrradfahrer auf den Vorfahrtsstreifen, auf dem beide kollidierten. Der zweite Radfahrer erlitt erhebliche Verletzungen und verlangte hierfür Schmerzensgeld. Der Seitenstreifenfahrer hingegen gab an, dass der verletzte Radfahrer das Vorfahrtsrecht missachtet habe, und deshalb ein erhebliches Mitverschulden trägt. Nach Ansicht des verletzten Fahrradfahrers unterlag der Seitenstreifen nicht dem Vorfahrtsrecht.

Beschlussinhalt: Auch die Seitenstreifen sind Teil der Fahrbahn und unterliegen dem allgemeinen Vorfahrtsrecht. Insbesondere sind Fahrradfahrer dazu verpflichtet, den Seitenstreifen zu nutzen, wenn sie dadurch keine Fußgänger gefährden. Nur dadurch, dass der verletzte Fahrradfahrer kurz vor dem Zusammenstoß abgestiegen war, wurde er nicht zum Fußgänger. Das zeitweise Absteigen vom Fahrrad gehört zum normalen Gebrauch des Fahrrades dazu.

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Urteil zu Unfällen beim Abbiegen

Abbiegeunfall auf Fahrradstreifen, OLG Frankfurt, Beschluss vom 01. Dezember 2014 – 13 U 122/13

Sachverhalt: Ein Fahrradfahrer mit Eis in der Hand bog ohne weitere Rücksicht nach links ab. Ein von hinten kommende Fahrradfahrer wollte ihn gerade in diesem Moment überholen. Der „Eisfahrer“ kollidierte mit dem Überholer.

Urteil: Wer ohne Rücksicht auf den hinteren Verkehr, und ohne eine Richtungsänderung zu indizieren, nach links abbiegt, verstößt dermaßen gegen seine verkehrlichen Sorgfaltspflichten, dass er die alleinige Schuld an dem Unfall trägt. Auch das einhändige Fahren stellt einen Verstoß gegen die Gebote der stetigen Wachsamkeit und Aufmerksamkeit im Straßenverkehr dar.

Urteil zu Nutzungsausfall bei Fahrrädern

Nutzungsausfall bei Fahrrädern, LG Lübeck, Urteil vom 08. Juli 2011 – 1 S 16/11 –

Sachverhalt: Ein Fahrradfahrer begehrte nach einem Unfall Nutzungsausfall wie bei einem Kfz.

Urteil: Genau wie ein Auto stellt ein Fahrrad für manche ein zentrales Gut der wirtschaftlichen Betätigung dar. In solchen Fällen kann unter den gleichen Voraussetzungen, wie die Rechtsprechung sie für Kfz schon konkretisiert hat, auch ein Nutzungsausfall geltend gemacht werden. 

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