Ein Tinnitus ist ein omnipräsentes und hochgradig belastendes Störgeräusch. Fast jeder hatte zumindest schon mal mit einem kurzfristigen Tinnitus zu kämpfen. Wenn dieses dann aber nicht mehr weggeht und alltäglicher Begleiter wird, ist eine enorme Beschränkung der Lebensqualität die Folge.
Die genaue Ursache von Tinnitus ist noch nicht ermittelt. Stress scheint die Entstehung jedenfalls maßgeblich zu beeinflussen. Und gerade ein Autounfall oder Fahrradunfall führt zu erheblichem Stress. Es wundert daher nicht, dass auch die Gerichte sich bereits mit der Frage nach Schmerzensgeldern für Tinnitus nach Unfällen auseinandersetzen mussten.
Doch wie erhalten Sie nach einem unfallbedingten Tinnitus ein Schmerzensgeld?
Beweisbarkeit eines Tinnitus
Wie bei allen nicht sichtbaren Verletzungen ist es schwer, verlässlich das Bestehen eines Tinnitus nachzuweisen. Denn der stressbedingte Tinnitus, der nicht auf Herz- oder Blutgeräusche im Ohr zurückführbar ist, wird auch „subjektiver“ Tinnitus genannt.
Im Regelfall kann ein Arzt diese Diagnose nur durch Anamnese also einer systematischen Befragung, stellen. Teilweise gibt es hierfür extra konzipierte Tinnitusfragebögen, die in Ruhe ausgefüllt werden sollen.
Wenn der Arzt schlussendlich zu dem Ergebnis gelangt, dass ein Tinnitus vorliegt, genügt dies grundsätzlich als Beweismittel. Es bietet sich trotzdem an, ein Schmerztagebuch zu führen, um die Einschränkungen durch den Tinnitus im Alltagsleben glaubhaft zu machen. Natürlich ist ein Schmerztagebuch nicht objektiv, da Sie über Ihre eigenen Schmerzen berichten. Sehen Sie es also in erster Linie als Unterstreichung Ihres Vortrages, nicht aber als eigenständiges Beweisstück. Es sei noch einmal deutlich gemacht: Der Arztbericht ist wie bei einer HWS-Distorsion eines der wichtigsten Beweismittel für die Glaubhaftmachung eines Tinnitus.
Kausalitätsprobleme bei einem Tinnitus
Wenn Sie durch einen Unfall geschädigt wurden, müssen Sie nicht nur darlegen, dass eine Gesundheitsverletzung gegeben ist, sondern dass diese auch kausal auf den Unfall zurückführbar ist. Das bedeutet: Sie müssen darlegen können, dass der Tinnitus auf den Unfall zurückzuführen ist.
Auch dies kann problematisch sein: Denn die Vermutung, dass Sie so oder so unter Stress standen, und daher der Tinnitus nicht durch den Unfall, sondern durch andere Faktoren hervorgerufen wurde, liegt natürlich nahe. Dies ist auch ein beliebtes Argument der Versicherungen.
Auch wenn dieser Nachweis problematisch ist, ist er jedoch nicht unmöglich. Denn der Arzt kann zumindest auch mit der Anamnese verschiedenen Stressfaktoren bemessen und festhalten, ob der Unfall die wahrscheinlichste Ursache für den Tinnitus ist. Gerade wenn der Tinnitus und der Unfall in einem engem zeitlichen Abstand zueinanderstehen, spricht dies für einen kausalen Zusammenhang.
Vor Gericht zumindest genügt es, dass die oder der Richter davon überzeugt ist, dass ein kausales Verhältnis vorliegt. So urteilte das Landgericht Frankenthal (Urteil vom 24.11.2010 – 2 S 193/10):
Da es kein objektives Untersuchungsverfahren gibt, eine Tinnitus-Verstärkung auch ohne Hinzutreten einer Kopf- oder HWS-Verletzung ausgelöst werden könne und sich die Klägerin bereits kurze Zeit nach dem Unfall in fachärztliche Behandlung begab, ist [das Gericht] in nicht zu beanstandender Weise nach Erhebung sämtlicher in Betracht kommender Beweise zu der Überzeugung gelangt, dass eine Tinnitus-Verstärkung eingetreten ist.[…] Diese können schon allein aufgrund der psychischen Belastung durch den Unfall ausgelöst worden sein. Der Schädiger hat auch für solche Unfallfolgen einzustehen, die allein aufgrund einer individuellen seelischen Reaktion bedingt sind.
Schmerzensgeldhöhe bei Tinnitus
Trotz dieser Schwierigkeiten kann ein Tinnitus zu einem Schmerzensgeld führen. Folgende Urteile haben ein Schmerzensgeld aufgrund der schuldhaften Verursachung eines Tinnitus zum Inhalt:
Urteil | Schmerzensgeldhöhe |
LG Hamburg, 05.09.1997, Schwerer Tinnitus auf beiden Ohren in Lautstärke von über 30 Dezibel. Zusätzlich verschiedene Stauchungen, eine HWS-Distorsion und Schürfunden | 70.747,49 € |
OLG Naumburg, 28.03.2013 Gehörschädigungen nach HWS-Distorsion, die den Kläger massiv im Alltagsleben einschränkt. „[…]mittelschweren Tinnitus, der zweifelsohne im Zusammenhang mit dem Unfall zu sehen ist und für den Kl. ein erhebliches Störpotenzial in Form der Beeinträchtigung der Konzentrationsfähigkeit, der Kommunikation, der Dauerbelastbarkeit und der Leistungsfähigkeit bedeutet“ | 13.013,39 € |
LG Ulm, 25.06.2002 Der Kläger hatte einen vorsätzlichen Schlag gegen den Hinterkopf erlitten. Daraufhin entwickelte sich ein Tinnitus sowie eine Schwerhörigkeit im Hochtonbereich. | 6.460,12 € |
AG Pforzheim, 03.07.2008 Gehörschädigung durch Tinnitus links und Verstärkung eines rechts bereits vorhandenen Tinnitus. | 4.407,09 € |
AG Menden, 07.09.2011 Trommelfellperforation nach Ohrfeige auf das linke Ohr mit nachfolgendem, vorübergehendem Tinnitus | 677,90 € |
Wie man unschwer erkennen kann, gibt es unterschiedlich schwere Ausprägungen eines Tinnitus. Dementsprechend weit gefächert ist natürlich auch die Höhe der Schmerzensgeldansprüche.
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Abfindung bei einem Tinnitus unterzeichnen?
Bei einem Tinnitus ist vor allem Vorsicht bei der Unterzeichnung von Abfindungserklärungen gegeben. Abfindungen sind in jedem Fall juristisch prüfen zu lassen, damit Sie sich nicht gegenüber Ihrem Arbeitgeber oder Ihrer Krankenversicherung schadensersatzpflichtig machen.
Darüber hinaus sollten Sie die Höhe des angebotenen Schmerzensgeldes überprüfen lassen, denn mit einer Abfindung sind Ansprüche in der Zukunft abschlossen, weshalb eine Abfindung ein höheres Schmerzensgeld ermöglicht.
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