Grundsätzlich hat jeder Patien einen Anspruch, Einblick in seine Patientenakte zu erhalten. Dies stellt sogar ein Grundrecht dar, denn das Recht zu wissen, wer welche Daten über einen speichert, gehört zu dem „Informationellen Selbstbestimmungsrecht“. Von besonderem rechtlichem Interesse können Patientenakten aber gerade in zweierlei Hinsicht sein:
Erstens, wenn es um Fälle der Arzthaftung geht, also der Verdacht im Raum steht, dass dem behandelnden Arzt ein Fehler unterlaufen sein könnte.
Und zweitens, wenn es darum geht, dass man von einem Dritten geschädigt wurde, und nun die Akte zum Nachweis eines Schmerzensgeldanspruches auf Grundlage der ärztlichen Behandlung benötigt.
Grundsätzlich sind Ärzte (meistens) bereit, ergänzende Arztberichte oder die Patientenakte an Sie herauszugeben. Doch manche Ärzte weigern sich, die Patientenakte kostenfrei zur Verfügung zu stellen und beharren darauf, die Patientendaten per Datenträger gegen einen Geldbetrag zu verschicken. Zu Recht?
Rechtliche Grundlagen
Um Einsicht in die Patientenakte zu erhalten, können Sie sich rechtlich sowohl auf Art. 15 DSGVO als auch auf § 630g Abs. 1 BGB berufen.
15 Abs. 3 DSGVO lautet:
„Der Verantwortliche stellt eine Kopie der personenbezogenen Daten, die Gegenstand der Verarbeitung sind, zur Verfügung. Für alle weiteren Kopien, die die betroffene Person beantragt, kann der Verantwortliche ein angemessenes Entgelt auf der Grundlage der Verwaltungskosten verlangen. Stellt die betroffene Person den Antrag elektronisch, so sind die Informationen in einem gängigen elektronischen Format zur Verfügung zu stellen, sofern sie nichts anderes angibt.“
Hieraus lässt sich entnehmen: Der Arzt ist verpflichtet, zumindest die erste Kopie der Daten kostenfrei an Sie herauszugeben. Er kann laut Wortlaut die Herausgabe nach Art. 15 DSGVO nur dann verweigern, wenn die Freiheiten anderer Personen betroffen sind. Dies wird zumindest bei Patientenakten regelmäßig nicht der Fall sein: Hierin geht es (fast) ausschließlich um die persönliche Behandlung durch einen Arzt, dessen Interessen werden aber regelmäßig nicht einem Anspruch zuwiderlaufen können.
630g Abs. 2 BGB lautet hingegen:
„Der Patient kann auch elektronische Abschriften von der Patientenakte verlangen. Er hat dem Behandelnden die entstandenen Kosten zu erstatten.“
Jedoch kann eine Aktenherausgabe dann verweigert werden, soweit erhebliche therapeutische Zweifel eine vollständige Aktenherausgabe zuwiderlaufen. Dies wird jedoch nur in Einzelfällen gegeben sein.
Mithin wäre hier also ein Ersatz der entstandenen Kosten zu bejahen. Somit widersprechen sich die beiden Normen. Art. 15 DSGVO stellt auf eine kostenfreie Übersendung Ihrer personenbezogenen Daten ab, § 630g BGB sieht hingegen die Möglichkeit der Kostenauferlegung vor.
Welche der Anspruchsgrundlagen einschlägig ist, entschied das LG Dresden im Frühsommer des Jahres 2020:
Urteil des LG Dresden, 29.05.2020 – 6 O 76/20 –
Eine Patientin hatte gefordert, dass Sie gem. Art. 15 Abs. 3 DSGVO eine unentgeltliche Auskunft über Ihre gespeicherten Daten einer Klinik als PDF-Datei erhalten soll. Die Klinik hielt entgegen, dass dies nach § 630g Abs. 2 BGB nur gegen eine Zahlung von 5,90 € erfolge.
Das Gericht ging in seinen Entscheidungsgründen davon aus, dass die beiden Anspruchsgrundlagen grundsätzlich nebeneinander bestehen. Es kommt hierbei auch nicht darauf an, für welchen Zweck die Daten von dem Anspruchssteller genutzt werden sollen. Ein Vorrang des § 630g BGB gebe es nicht. Wenn ein Anspruchssteller seinen Anspruch allein auf Art. 15 Abs. 3 DSGVO stützt, muss auch diesem ohne Kostenersatz vollständig entsprochen werden. Insbesondere handelt es sich bei einem PDF-Format um so ein gängiges elektronisches Format, dass die Klinik sich nicht darauf stützen kann, dass eine solche Übersendung ihr nicht möglich sei.
Fazit
Das Landgericht hat damit die Frage nach der Kostentragung eindeutig entschieden. Wenn Sie Ihre Patientenakte in Form eines PDF-Formats kostenfrei übermittelt haben möchten, darf der Arzt dies nicht unter Hinweis des § 630g BGB verweigern.
In diesem Fall können Sie sich an die Landesdatenschutzbehörde und die Ärztekammer wenden.