Schmerzensgeld nach Autounfall erhalten

Schmerzensgeld nach Autounfall erhalten

Autounfälle gehören zu der häufigsten Verletzungsursache in Deutschland. Deshalb stellen sich viele Verletzte nach einem Autounfall die Frage, ob und wieviel Schmerzensgeld ihnen zusteht. Wir erklären Ihnen in diesem Artikel, was Sie über das Thema Schmerzensgeld nach einem Autounfall unbedingt wissen sollten. 

Was ist Schmerzensgeld?

Ein Schmerzensgeld wird nicht selten mit den Arztkosten verwechselt. Dabei handelt es sich hierbei nicht um den Ersatz von tatsächlich angefallenen Kosten, sondern vielmehr um eine Zahlung, die den Schmerz ausgleichen soll. Man spricht insoweit von einem immateriellen Schadensersatz

Unterschied zwischen materiellen Schäden und immateriellen Schäden

Im deutschen Schadensrecht wird grundsätzlich zwischen „materiellen“ und „immateriellenSchäden differenziert. Wenn er nicht zu einer Verringerung Ihres Vermögens führt, liegt ein immaterieller Schaden vor, ansonsten handelt es sich um einen materiellen Schaden, den klassischen Schadenersatz. Durch den Unfall kann es zu einer Vielzahl von materiellen und immateriellen Schäden kommen.

Beispiel: Durch einen Auffahrunfall werden Sie gegen Ihr Lenkrad geschleudert, der Airbag löst aus. Daneben kommt es zu einem Schaden am Wagen und Sie erleiden eine HWS-Distorsion.

Für den Schaden am Auto kann festgestellt werden, wie sich Ihr Vermögen durch den Unfall vermindert hat. Denn anstelle eines unfallfreien Wagens besitzen Sie nun einen Unfallwagen. Der Wert des körperlichen Schadens führt hingegen nicht dazu, dass Sie ärmer werden. Eine Krankenhausrechnung oder die Heilbehandlungskosten sind keine „Reparaturkosten“, die den körperlichen Schaden ausgleichen können.

 § 253 BGB führt hierzu aus:

(1) Wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, kann Entschädigung in Geld nur in den durch das Gesetz bestimmten Fällen gefordert werden.

(2) Ist wegen einer Verletzung des Körpers, der Gesundheit, der Freiheit oder der sexuellen Selbstbestimmung Schadensersatz zu leisten, kann auch wegen des Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, eine billige Entschädigung in Geld gefordert werden.

§ 253 Abs. 2 BGB besagt damit, dass für Körperverletzungen ein Ausgleich zu zahlen ist. Dieser wird als Schmerzensgeld bezeichnet.

Ausgleichs- und Genugtuungsfunktion

Das Schmerzensgeld besitzt eine Ausgleichs- und Genugtuungsfunktion. Es soll Ihnen also ein subjektives Genugtuungsgefühl verschaffen, indem es die Schwere Ihrer Verletzungen nach einem Autounfall anerkennt, und darüber hinaus durch einen Geldwert versucht die Verletzungen bzw. Schmerzen zu kompensieren. Eine „echte“ Kompensation ist natürlich nicht möglich, so wird ein höherer Betrag auf dem Konto nicht dazu führen, dass Narben oder andere Schäden verschwinden. Es besitzt eine vielmehr psychologische Komponente:

Zwar wird der Schmerz durch das Schmerzensgeld nicht aufgewogen, allerdings kann vielmehr als finanzieller Bonus trotzdem eine psychische Genugtuung verschaffen. Daraus folgt: Die Ausgleichsfunktion kann das Schmerzensgeld nur dann erfüllen, wenn es der Verletzung auch angemessen war. Womit wir auch schon zu dem nächsten Punkt kommen: Woraus ergibt sich die Höhe des Schmerzensgeldes?

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Wie wird die Höhe des Schmerzensgeldes berechnet?

Die Ermittlung des Schmerzensgeldes gestaltet sich als besonders schwierig. Eine mathematische Berechnung des Schmerzensgeldes gibt es eigentlich nicht. 

Wenn Sie bereits zu dem Thema Schmerzensgeld recherchiert haben, sind Sie höchstwahrscheinlich auf den Begriff „Schmerzensgeldtabelle“ gestoßen. Solch eine Schmerzensgeldtabelle wird beispielsweise von Beck (einem Verlag für juristische Fachliteratur) sowie dem Deutschen Anwaltsverlag herausgegeben. Es handelt sich hierbei aber nicht um einfache Tabellen, die einem bestimmten Körperschaden einen bestimmten Entschädigungswert zuordnen.

Es ist vielmehr eine Sammlung von Urteilen der Rechtsprechung, in denen ein Schmerzensgeld für eine bestimmte Verletzung als „angemessen“ angesehen wurde. Wenn sich zwei Parteien vor einem Gericht über die Höhe eines Schmerzensgeldes gestritten haben, kann das Gericht nach § 287 Abs. 1 S. 1 ZPO entscheiden, welche Schmerzensgeldhöhe „angemessen“ ist:

Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung.“

Die in der Schmerzensgeldtabelle aufgeführten Urteile sind jedoch nicht bindend. Selbst wenn Sie eine sehr ähnliche Verletzung wie in dem angegeben Urteil aus der Schmerzensgeldtabelle nach dem Autounfall erlitten haben, bedeutet dies nicht automatisch, dass Ihnen auch dieses Schmerzensgeld zugesprochen wird.  Es gibt Ihnen lediglich einen Hinweis darauf, in welcher Höhe ein Schmerzensgeld angemessen sein könnte. Dies hängt damit zusammen, dass kein Schmerzensgeldfall zu 100 % identisch mit einem anderen Schmerzensgeldfall ist.

Beispiel: In einem Urteil von 1991 vom LG Zweibrücken wurde für eine gebrochene Nase ein Schmerzensgeld von 166,21 € für angemessen erklärt, im Jahr 1996 wurde vom LG Landau in der Pfalz ein Schmerzensgeld von 357,64€ für angemessen erklärt.

Um die Höhe des Schmerzensgeldes festzustellen, muss daher genau verglichen werden, welche Verletzung am mit der eigenen Verletzung zu vergleichen ist. Im zweiten Urteil wurde zuzüglich zu der Verletzung auch eine Schwellung des Nasenrückens festgestellt. Darum ist in diesem Fall eine schwerere Verletzung als im ersten Urteil anzunehmen und das Schmerzensgeld fällt leicht erhöht aus. 

Grundsätzlich kann für ein Schmerzensgeld zwar ein unverbindlicher Grundwert aus der Schmerzensgeldtabelle entnommen werden. Dann muss abgewägt werden, ob die eigene Verletzung geringfügiger ist, oder ob schmerzensgelderhöhende Umstände vorliegen. Unter schmerzensgelderhöhenden Umständen versteht man Charakteristiken, aus denen geschlossen werden kann, dass die subjektive Beeinträchtigung durch den Körperschaden höher anzusetzen ist. Dazu gehören unter anderem:

  • Alter: Grundsätzlich sind Kinder bezüglich Schmerzen anfälliger. Hinzukommt, dass gerade bei Narbenbildung die Narbe mit dem Wachstum des Kindes mitwächst. Was zunächst nur eine zwei Zentimeter lange Narbe auf der Stirn war, kann dann sogar doppelt bis dreifach so groß werden. 
  • Stationäre oder ambulante Behandlung: Je länger und intensiver eine ärztliche Behandlung erforderlich war, desto einschränkender war die Verletzung. Daher können sich auch Art und Umfang der Heilbehandlung schmerzensgelderhöhend auswirken.
  • Verpasster Urlaub: Irrigerweise nehmen viele an, dass wenn Sie durch einen Autounfall Ihren Urlaub nicht wahrnehmen können, die Gegenseite verpflichtet ist, den Urlaub zu ersetzen. Wenn wir uns nun aber an die Unterscheidung zwischen immateriellen und materiellen Schäden erinnern, fällt auf: Auch ohne das schädigende Ereignis haben Sie ja bereits Ihren Urlaub gebucht gehabt. Der Schaden liegt nicht in der Urlaubsbuchung, sondern vielmehr darin, dass Sie keine Urlaubsfreuden hatten. Die verpassten Urlaubsfreuden sind hingegen dann keine eigene Schadensposition innerhalb des Schadensersatzes, sondern ein schmerzensgelderhöhender Faktor.

Neben diesen genannten Umständen gibt es eine Vielzahl weiterer Umstände, die sich auf Ihren Schmerzensgeldanspruch auswirken können.

Die häufigsten Verletzungen nach einem Verkehrsunfall

Im Folgenden zeigen wir Ihnen die häufigsten Verletzungen nach einem Verkehrsunfall und welches Schmerzensgeld hierfür bereits zugesprochen wurde.

HWS Distorsionen: HWS Distorsionen werden auch Schleudertrauma genannt. Es handelt sich hierbei um eine Stauchung oder Prellungen der Halswirbelsäule. Bei leichten HWS Distorsionen wurde im Schnitt ein Schmerzensgeld von 150,00 € gezahlt. (Bsp.: AG Eschweiler, 25.07.2016). Hält die Arbeitsunfähigkeit länger an, so erhöht sich das Schmerzensgeld auf teilweise viele tausend Euro.

Gehirnerschütterung: Bei einer Gehirnerschütterung prallt das Gehirn durch den Unfall gegen den Schädelknochen/ die Hirnhäute. Folge können Übelkeit und Erbrechen sowie Orientierungslosigkeit sein. Bei einer leichten Gehirnerschütterung wurde ein bereinigtes Schmerzensgeld von 272,88 € für angemessen erklärt. (Bsp.: AG Köln, 09.10.1980). In Kombination mit weiteren Prellungen oder anderen Verletzungen kann das Schmerzensgeld jedoch auch signfikant höher anzusetzen sein. 

Rippenprellung: Kommt es zu einer (nicht nur leichten) Rippenprellung, die recht schmerzhaft ausfällt, wurde ein Schmerzensgeld von z.B. 460,00 € für angemessen gehalten. (Bsp.: AG Gelnhausen, 01.06.1984)

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