Wenn Ihr Auto nach einem Verkehrsunfall nicht mehr verkehrssicher ist, wird er zumeist in einer Werkstatt repariert. Für den Zeitraum, in dem Sie Ihr Auto dann nicht nutzen können, können Sie entweder einen Mietwagen in Anspruch nehmen oder Nutzungsausfall (Nutzungsausfallentschädigung) geltend machen. Im Folgenden erklären wir Ihnen, wann Sie Anspruch auf Nutzungsausfall haben und wie der Nutzungsausfall errechnet wird.
Wann bekomme ich Nutzungsausfall nach einem Verkehrsunfall?
Voraussetzung für einen Nutzungsausfallsersatzanspruch ist zunächst, dass der Unfallgegner schadensersatzpflichtig ist. Die Schadensersatzpflichtigkeit nach einem Verkehrsunfall ergibt sich regelmäßig aus §§ 7, 18 StVG oder aus § 823 BGB.
Für einen Schadensersatzanspruch aus §§ 7, 18 StVG reicht es aus, dass mit dem Kfz des Anspruchsgegners ein Schadensfalls bei Betrieb des Kfz entstanden ist. Für einen Anspruch aus § 823 BGB muss hingegen dem Unfallgegner eine deliktische Handlung, beziehungsweise eine Sorgfaltspflichtverletzung zu Last gelegt werden können. Welche der haftungsbegründenden Normen einschlägig ist, spielt für Ihren Schadenersatz eine untergeordnete Rolle, solange einer der Tatbestände vorliegt.
Jedoch muss im Hinblick auf den Nutzungsausfallsersatz differenziert werden, ob es zu einer tatsächlichen Reparatur kommt, ein wirtschaftlicher Totalschaden vorliegt, oder fiktiv abgerechnet wird.
Auto wird tatsächlich repariert
Wenn der Wagen tatsächlich repariert wird, steht Ihnen für diesen Nichtnutzungszeitraum ein Nutzungsersatz grundsätzlich zu. Die Rechtsprechung geht davon aus, dass es sich bei der Nichtnutzbarkeit Ihres Wagens um einen Vermögensschaden handelt. Damit drückt die Rechtsprechung aus, dass bei einem Kfz die Nutzbarkeit einen geldwerten Vorteil darstellt. Wenn ein Geschädigter auf einen Mietwagen verzichtet, würde er somit „in die Tasche“ des Schädigers sparen.
Sie können dann eine tägliche Nutzungsausfallentschädigung verlangen, bis Ihr Auto tatsächlich in der Werkstatt repariert wurde. Wenn die Reparatur länger dauert, als zu Beginn angenommen, wirkt sich das nicht negativ auf Ihren Nutzungsausfallersatzanspruch aus.
Ein Ersatz des Nutzungsausfalls entfällt jedoch, wenn dieser nicht zu einer „fühlbaren wirtschaftlichen Beeinträchtigung“ führt. Hierfür muss grundsätzlich ein potentieller Nutzungswille und eine Nutzungsmöglichkeit bestehen. Diese entfallen beispielsweise jedoch, wenn:
- dem Geschädigten ein Zweitfahrzeug gehört, dass er nutzen kann.
- der Geschädigte den Wagen nicht nutzen kann, weil er zu verletzt zum Autofahren ist.
- der Geschädigte den Wagen nicht nutzen will, weil er sich beispielsweise im Urlaub ist.
Die Rechtsprechung hat diese Ausnahmen etabliert, weil in diesen Fällen die Nichtnutzbarkeit für den Geschädigten „nicht fühlbar“ ist.
Der Anspruch des Nutzungsausfall steht Ihnen übrigens auch dann zu, wenn Sie gar nicht Eigentümer, sondern nur Leasingnehmer des Wagens sind. Denn innerhalb eines Leasingvertrages steht trotzdem Ihnen das wirtschaftliche Nutzungsrecht zu, nicht dem Leasinggeber.
Sollte Ihnen für die Zeit der Nichtnutzbarkeit ein Wagen von einem Dritten unentgeltlich zur Verfügung gestellt werden, können Sie nach Ansicht der Rechtsprechung trotzdem einen Nutzungsausfall geltend machen, da der Dritte Sie unterstützen wollte, und nicht den Unfallverursacher aus der Haftung befreien will.
Wagen wird nicht repariert, weil ein wirtschaftlicher Totalschaden vorliegt
Wenn ein wirtschaftlicher Totalschaden vorliegt, kann der Unfallgegner einer tatsächlichen Reparatur unter Hinweis auf das Wirtschaftlichkeitsgebot widersprechen.
So heißt es in § 251 Abs. 2 S. 1:
Der Ersatzpflichtige kann den Gläubiger in Geld entschädigen, wenn die Herstellung nur mit unverhältnismäßigen Aufwendungen möglich ist.
In diesem Fall wird Ihnen als Geschädigten nur der Wiederbeschaffungswert Ihres Wagens ausgezahlt. Jedoch kann Ihnen auch bei einem wirtschaftlichen Totalschaden ein Anspruch auf Nutzungsausfallersatz zustehen. Dieser wird jedoch zumeiest auf 10 –14 Tage begrenzt. Es wird allgemein davon ausgegangen, dass bei einem wirtschaftlichen Totalschaden es zunächst einen Tag dauert, bis der Sachverständige einen wirtschaftlichen Totalschaden festgestellt hat, dann ein bis zwei Tage eine Bedenkfrist läuft, ob der Wagen auf eigene Kosten repariert werden soll und schlussendlich 10-12 Tage zur Wiederbeschaffung eines neues Wagens vergehen. Für diesen Zeitraum wird dann ein Nutzungsausfall gewährt. Kleinere Abweichungen, z.B. für die Ermittlung des Schadens durch einen Sachverständigen, bereiten zumeist keine Probleme.
Zusätzlich zu beachten ist, dass ein Nutzungsausfall nur dann gezahlt wird, wenn tatsächlich ein Ersatzfahrzeug angeschafft worden ist, und dieses dann für mindestens ein halbes Jahr genutzt wurde. Denn nur dann kann auch auf den Nutzungswillen, der, wie oben gezeigt, zwingende Voraussetzung für einen Nutzungsausfall ist, geschlossen werden.
Sie lassen sich die Reparaturkosten auszahlen (fiktive Abrechnung)
Manche Autofahrer wollen nach einem Verkehrsunfall den Wagen nicht reparieren lassen, wenn er noch verkehrstauglich ist, sondern sich vielmehr den Betrag, der zur Reparatur eigentlich notwendig wäre, von der gegnerischen Versicherung auszahlen lassen. Diese Möglichkeit hängt zwar von weiteren Umständen ab, aus ihr ergeben sich aber weitere Besonderheiten für das Verlangen des Nutzungsausfalls:
Grundsätzlich hat der BGH bereits seit 1976 festgehalten, dass bei einer fiktiven Reparaturabrechnungsgrundlage grundsätzlich kein Nutzungsausfall gefordert werden kann. Wenn der Wagen nicht soweit beschädigt ist, dass er nicht zwangsläufig repariert werden muss, kann er auch weiter genutzt werden. Wenn sich der Geschädigte hingegen einen anderen Wagen zulegt, kann er den Nutzungsausfall ab dem Tag, an dem Ihn der neue Wagen zur Verfügung steht, nicht mehr geltend machen.
Wenn sich jedoch der Geschädigte vorbehält, die Reparatur eigenständig günstig durchzuführen, und sich hierfür die Reparaturkosten auszahlen lässt, kann ihm für die Dauer, die er den Wagen nicht nutzen kann, auch ein Nutzungsausfallsersatz zustehen. (vgl. OLG Düsseldorf, 25.04.2005, Az.: I -1 U 210/04; OLG München, 13.09.2013, Az.: 10 U 859/13)
Wieviel Nutzungsausfallentschädigung erhalte ich?
Die Höhe des Nutzungsausfallersatzes ergibt sich grundsätzlich aus den Wertmaßstäben des Marktes für eine entgeltliche Gebrauchsüberlassung. Dabei wird zumeist innerhalb einer Tabelle verglichen, was ein vergleichbarer Mietwagen für den Zeitraum gekostet hätte. Dieser Wert wird dann noch um die „Gewinnspanne“ des Autovermieters bereinigt.
In der Praxis wird für die Höhe eine Tabelle genutzt, in der Ihr beschädigtes Fahrzeug einer Klasse von „A“ bis „L“ zugeteilt wird. Wenn der Wagen zwar einer dieser Klassen zugeordnet werden kann, jedoch älter als fünf Jahre ist, wird er eine Klasse abgestuft.
Diese Tabelle enthält dann den Marktmaßstab, sodass
- die Klasse „A“ einen Wert von 27 € pro Tag ausweist,
- die Klasse „L“ hingegen einen Wert von 99 € pro Tag.
Diese Werte werden dann mit der Zeit, die Sie Ihren Wagen nicht nutzen konnten, ersetzt. In der Regel wird Ihnen die Klassifizierung Ihres Wagens durch den Sachverständigen mitgeteilt.
Fazit
Der Nutzungsausfall gehört zum kleinen „Einmaleins“ der Schadensregulierung. Wenn Sie auf einem Mietwagen verzichten, bietet sich die Geltendmachung dieser Schadensersatzposition an. Zwingende Voraussetzung, egal ob ein wirtschaftlicher Totalschaden vorliegt, tatsächlich repariert wird oder fiktiv abgerechnet werden soll, ist jedoch immer der Nutzungswille und die Nutzungsmöglichkeit.