Wer zahlt Heilbehandlungskosten bei einem Arbeitsunfall?

Wer zahlt Heilbehandlungskosten nach Arbeitsunfall

Als wäre die Schadensregulierung nach einem gewöhnlichen Unfall nicht schon kompliziert und langwierig genug, kann es bei einem Arbeitsunfall sogar noch komplizierter werden: Denn anders als bei einem „gewöhnlichen“ Unfall kommt dann neben den obligatorischen Beteiligten dann noch die Unfallversicherung und unter Umständen der eigene Arbeitgeber mit ins Spiel. Im Folgenden zeigen wir, was dies für Auswirkungen für die verschiedenen Ersatzansprüche  hat, insbesondere für Ihre Heilbehandlungskosten.

Was ist ein Arbeitsunfall?

Ein Arbeitsunfall ist in § 8 SGB VII definiert:

Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach § 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen.

Die versicherte Tätigkeit ist hierbei die berufliche Tätigkeit. § 8 SGB VII geht aber noch einen Schritt weiter. Versicherte Tätigkeiten sind auch

  • Das Zurücklegen des Arbeitsweges
  • Das Zurücklegen des Arbeitsweges, mit Umwegen um Kinder in die Betreuung zu bringen (Kita, Tagesmutter, Großeltern, usw.)
  • Das Zurücklegen des Arbeitsweges mittels Carsharings
  • Das Befördern, Instandhalten und erneuern eines Arbeitsgerätes oder einer Schutzausrüstung, sowie deren Erstbeschaffung aus Veranlassung des Arbeitgebers

Die in § 8 Abs. 2 SGB VII beschriebenen Tätigkeiten sind etwas differenzierter beschrieben, als hier wiedergegeben. Zum weiteren Vergleich geht es hier.

Was ist der Sinn der betrieblichen Unfallversicherung?

Das deutsche Rechtssystem geht davon aus, dass auch der Arbeitgeber einen Teil der Schäden begleichen soll, wenn der Arbeitnehmer oder anderweitig Bedienstete während der Arbeit verletzt worden ist.

Wenn der Arbeitgeber davon profitiert, dass jemand anderes seine Arbeitsleistung für den Arbeitgeber einsetzt, muss er auch das Risiko tragen, wenn sich diese Person hierbei verletzt. Natürlich haftet der Arbeitgeber hierbei aber nicht privat: Der Arbeitgeber ist vielmehr verpflichtet, eine betriebliche Unfallversicherung abzuschließen. Träger dieser Versicherung (also umgangssprachlich Anbieter dieses Versicherungsproduktes) sind die Berufsgenossenschaften. Diese kommt dann für den Ersatz von Heilbehandlungskosten auf. Dies hat auch den Vorteil für den Arbeitgeber, dass er sich sicher sein kann, dass der Arbeitnehmer eine medizinische Behandlung erhält und daher bald im Betrieb wieder die Arbeit aufnehmen kann.

Welche Kosten übernimmt die betriebliche Unfallversicherung (BG)?

Die Unfallversicherung übernimmt die Heilbehandlungskosten, sowie die Zahlung von Rehamaßnahmen, damit der Arbeitnehmer schnellstmöglich wieder im Betrieb integriert werden kann. Wenn es durch einen Arbeitsunfall dauerhaft erwerbsgemindert ist, zahlt die Berufsgenossenschaft auch einen Teil der Unfallrente. Neben der offensichtlichen Heilbehandlungskosten kann die Berufsgenossenschaft, beziehungsweise deren Unfallversicherung aber auch weitere Hilfsleistungen gewähren. Hierzu gehört auch psychosoziale BetreuungÜbergangsrente oder Pflegegeld, falls Sie nach dem Arbeitsunfall durch eine dritte Person gepflegt werden.

Kann ich meine Heilbehandlungskosten trotzdem selber abrechnen?

Nein, denn diese Ansprüche stehen Ihnen gar nicht mehr zu. Wie kann das sein? § 116 SGB X normiert:

(1) Ein auf anderen gesetzlichen Vorschriften beruhender Anspruch auf Ersatz eines Schadens geht auf den Versicherungsträger oder Träger der Eingliederungshilfe oder der Sozialhilfe über, soweit dieser auf Grund des Schadensereignisses Sozialleistungen zu erbringen hat, die der Behebung eines Schadens der gleichen Art dienen und sich auf denselben Zeitraum wie der vom Schädiger zu leistende Schadenersatz beziehen. […]

Dies bedeutet: Wenn die Arbeitsunfallsversicherung zur Zahlung verpflichtet ist, gehen damit automatisch die Ansprüche, die Sie normalerweise nach dem Unfall hätten, auf die Arbeitsunfallsversicherung über. Normalerweise muss für einen solchen Anspruchsübergang zwar ein entsprechender Vertrag geschlossen werden. Im Falle eines Arbeitsunfalles geschieht dies aber automatisch, sogar noch bevor die Berufsgenossenschaft an Sie gezahlt hat. Es genügt, dass die Berufsgenossenschaft zur Zahlung verpflichtet ist.

Zusammenfassung: Wer zahlt was nach Arbeitsunfall?

Die oben aufgezeigten Regelungen führen dann zu Folgenden Konstellationen:

Die Krankenversicherung zahlt gar nichts

Selbst wenn Sie privatversichert sind, gehen trotzdem all Ihre Ansprüche automatisch auf die Berufsgenossenschaft über. Im Gegenzug erbringt Ihre Krankenkasse auch keine Leistung, denn die Heilbehandlungskosten, die die Krankenkasse bei einem Freizeitunfall übernehmen würde, werden durch die Berufsgenossenschaft beglichen. Falls Sie länger als sechs Wochen arbeitsunfähig sein sollten, wird das Krankengeld zwar von der Krankenkasse überwiesen, diese handelt aber dann als Beauftragte der Berufsgenossenschaft. Auch die Höhe dieser Lohnersatzzahlung unterscheidet sich von der Ersatzzahlung nach einem Freizeitunfall.

Der Arbeitgeber zahlt den Lohn fort

Der Arbeitgeber ist verpflichtetsechs Wochen lang Ihr Entgelt fortzuzahlen, selbst wenn Sie arbeitsunfähig sind. Nach Ablauf der sechs Wochen wird dann ein Teil des Arbeitsentgeltes, wie oben beschrieben, durch die Berufsgenossenschaft weitergezahlt.

Der Gegner zahlt Sachschäden und Schmerzensgeld

Der Unfallgegner ist Ihnen gegenüber dann zur Zahlung von Sachschäden sowie einem Schmerzensgeld verpflichtet. Im Regelfall, falls es sich um einen PKW-Fahrer handelt, wird zusätzlich eine Haftpflichtversicherung als Anspruchsgegner bestehen. Heilbehandlungskosten und Schmerzensgeld sind streng voneinander zu trennen: Während Heilbehandlungskosten Arztrechnungen oder Krankenhausaufenthalte ersetzen, handelt es sich bei einem Schmerzensgeld um eine Ausgleichszahlung für erlittene Unannehmlichkeiten, was eine Genugtuung für Sie beinhalten soll.

Vorsicht bei Abfindungserklärungen! Häufig sind bei Abfindungen auch Ansprüche der Krankenkasse oder des Arbeitgebers umfasst, sodass Sie im schlimmsten Fall Ihre  Heilbehandlungskosten selber zahlen müssen! Hier erfahren Sie mehr zu diesem Thema.

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