Hundebiss als Postbote / Paketzusteller – was ist zu tun?

Schmerzensgeld als Postbote erhalten

Auch wenn es keine offizielle Statistik gibt, wie viele Postboten und Paketzusteller im Jahr von Hunden gebissen werden, können wir an unserer eigenen Arbeit bei VINQO sehen, dass Postzusteller die am häufigsten gebissene Berufsgruppe ist. Oft handelt es sich hierbei um Fälle von aggressiven Verhalten des Tiers, das glaubt, das eigene Territorium verteidigen zu müssen.

Dabei handelt steht Ihnen als Paketzusteller nach einem Hundebiss ein Schmerzensgeld zu, das nicht von der Berufsgenossenschaft oder Ihrem Arbeitgeber durchgesetzt wird. Das Schmerzensgeld nach einem Hundebiss müssen Sie deshalb selbst durchsetzen.

Anders als ein gewöhnlicher Passant kann ein Postbote gezwungen werden, das Grundstück zu betreten. Denn wenn der Briefkasten erst an der Haustür ist, und es keine Möglichkeit gibt, ein Paket ohne Betreten des Grundstückes abzuliefern, hat der Postbote keine Wahl, als in das Territorium des Hundes „einzudringen“. 

Haftungsgrundlage

Grundsätzlich haftet der Halter des Hundes nach § 833 S. 1 BGB:

„Wird durch ein Tier ein Mensch getötet oder der Körper oder die Gesundheit eines Menschen verletzt oder eine Sache beschädigt, so ist derjenige, welcher das Tier hält, verpflichtet, dem Verletzten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen.“

Es handelt sich hierbei um eine sogenannte verschuldensunabhängige Haftung. Dies bedeutet, dass es gar nicht darauf ankommt, dass der Halter des Hundes etwas falsch gemacht hat. Es genügt, dass er für das Tier zuständig ist (also es auf eigene Kosten hält und versorgt) und dass das Tier jemanden anderen geschädigt hat, zum Beispiel durch einen Biss. Damit ist ein Nachweis der Haftung für einen Verletzten relativ einfach. Im Regelfall haben Hundehalter übrigens eine Hundehaftpflichtversicherung für ihren Vierbeiner abgeschlossen, an die Sie sich nach einem Biss zur Schadensregulierung wenden können.

„Vorsicht Hund“-Schild auf dem Grundstück

In manchen Fällen wird sich der Hundehalter darauf berufen, dass ja ein Warnschild am Zaun angebracht war, welches vor dem Hund warnt. Dies kann den Hundehalter unter Umständen zwar vor der Haftung gegenüber Schadenersatzansprüchen von Personen, die das Grundstück unbefugt betreten haben, retten, oder zumindest den Haftungsumfang verringern:

Das OLG Stuttgart (OLG Stuttgart, Beschluss vom 24.06.2010 – 1 U 38/10) differenzierte hier nach verschiedenen Gesichtspunkten. Grundsätzlich gelte, dass

„ein Mitverschulden i. d. R. dann angenommen [wird], wenn sich der Geschädigte ohne ausreichenden Grund in die Nähe eines gefährlichen Tieres begibt oder wenn er ein Warnschild vor einem bissigen Hund nicht beachtet (vgl. Staudinger/Eberl-Borges (2008), § 833 BGB, Rn. 200).

Dies gelte aber auch nur, wenn auch vor einem gefährlichen Hund gewarnt wird. Die Warnung, dass ein Hund auf dem Grundstück sei, reicht laut Ansicht der Rechtsprechung nicht. Im Regelfall kann aber ein Schild, welches vor einem gefährlichen Hund warnt, jedoch nicht die Haftung gegenüber einem Postboten berühren. Das OLG Stuttgart stellte klar:

„Alle Besucher des Anwesens – seien es eingeladene Gäste, der Paketdienst oder sonstige Personen, die Kontakt zu den Bewohnern des Hauses aufnehmen wollen – waren daher darauf angewiesen, das Grundstück zu betreten, um zu den Klingeln zu gelangen. In einer solchen – von den Bewohnern des Grundstücks bewusst so geschaffenen – Situation und bei unverschlossenem Gartentor darf auch ein vorsichtiger Mensch davon ausgehen, dass ihm jedenfalls tagsüber, d. h. zu einer Zeit, zu der Besuche üblich sind, durch den auf dem Gelände gehaltenen Hund kein Schaden droht – sei es, weil der Hund gut erzogen oder aber weggesperrt ist.“

Trotzdem versuchen unserer Erfahrung nach Hundehaftpflichtversicherungen Ihr Schmerzensgeld aufgrund eines vermeintlichen Mitverschuldens um 50% zu kürzen. In diesem Fällen empfiehlt es sich risikofrei rechtliche Hilfe in Anspruch zu nehmen.

Hundebiss als Arbeitsunfall- was sind die Folgen?

Wenn Sie Postbote oder Paketzusteller sind, und bei der Arbeit von einem Hund gebissen wurden, liegt ein Arbeitsunfall vor. Hierfür muss ein Unfall im Sinne des § 8 Abs. 1 S. 2 SGB VII vorliegen.

„Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen.

Des Weiteren muss es sich um einen Unfall während der Arbeit, oder auf dem Weg zur Arbeit / von der Arbeit gehandelt haben. Wenn ein Arbeitsunfall vorliegt, ergeben sich folgende Besonderheiten:  

Durchgangsarzt aufsuchen!

Grundsätzlich muss man nach einem Arbeitsunfall nicht zu seinem gewöhnlichen Hausarzt, sondern zu einem „Durchgangsarzt“. Dies folgt daraus, dass bei einem Arbeitsunfall nicht die Krankenkasse die Kosten für die Behandlung übernimmt, sondern die gesetzliche Unfallversicherung, die der Arbeitgeber für seine Arbeitnehmer abgeschlossen hat. Der Durchgangsarzt arbeitet dabei als „Vertreter“ der Versicherung, der die Behandlung und Diagnose überwacht. Sollte es sich um eine geringe Verletzung handeln, können Sie auch zunächst zu Ihrem Hausarzt, der Sie dann an den Durchgangsarzt überweist.

Verletztengeld nach Hundebiss

Nun können Sie natürlich sich fragen, was denn der Unterschied zu einem Unfall in der Freizeit ist. Schließlich kann es Ihnen zunächst egal sein, ob die Krankenkasse oder die Berufsgenossenschaft Ihre Kosten trägt. Einen nicht unerheblichen Unterschied gibt es aber doch:

Sollten Sie länger als 6 Wochen durch den Arbeitsunfall arbeitsunfähig sein, erhalten Sie nicht das Krankengeld der Krankenkasse, sondern das Verletztengeld der Berufsgenossenschaft. Dieses beträgt 80 % des Regelentgeltes anstelle von 70 % des entgangenen Bruttogehaltes.

Lassen Sie sich nicht verwirren: Auch das Verletztengeld wird von der Krankenkasse ausgezahlt, diese erhält das Verletztengeld aber von der Berufsgenossenschaft zurück.

Die Differenz zu Ihrem vollen Lohn können Sie dem Hundehalter gegenüber geltend machen. Aber Vorsicht: die Ermittlung des konkreten Verdienstausfalls gestaltet sich häufig sehr schwierig und ist rechtlich anspruchsvoll, wenn das Gehalt Schwankungen unterliegt.

Übergangsgeld nach einem Hundebiss

Auch das Übergangsgeld wird nicht, wie normalerweise, von der Rentenversicherung, sondern von der gesetzlichen Unfallversicherung gezahlt. Unter dem Übergangsgeld verseht man, dass man einen gewissen Geldbetrag erhält, wenn man nach einer Rehabilitationsmaßnahme wieder an den Beruf angepasst werden soll und hierdurch noch nicht zu 100 % erwerbstätig sein kann.

Fazit

Postboten sind besonders gefährdet, wenn es um Hundebisse geht. Dabei haften die Hundehalter verschuldensunabhängig. Dies gilt auch wenn der Postbote ein Grundstück für die Lieferung betreten musste, selbst wenn ein Schild vor dem Hund gewarnt hat. Weiterhin muss beachtet werden, dass in solchen Fällen ein Arbeitsunfall vorliegt.

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