Grundsätzlich besteht keine Pflicht in Deutschland als Fahrradfahrer im Straßenverkehr einen Helm zu tragen.
Für Ihr Schmerzensgeld nach einem Fahrradunfall ist jedoch relevant, ob Ihnen ein Mitverschulden angelastet werden kann, wenn Sie auf das Tragen eines Helmes verzichtet haben.
Mitverschulden bei Fahrradunfällen
Grundsätzlich wird nach einem Unfall geprüft,
- ob ein Schadensersatzanspruch besteht,
- in welcher Höhe der Schadensersatzanspruch besteht, und
- ob nicht eine Kürzung des Schadensersatzanspruchs vorzunehmen ist.
Zunächst muss der sogenannte „haftungsbegründende Tatbestand“ erfüllt sein. Im Falle eines Unfalls mit einem Fahrrad muss also der Unfallgegner Sie widerrechtlich verletzt haben.
Dann wird als geprüft, welche Schadenspositionen geltend gemacht werden können. Hierzu gehören neben den Reparaturkosten für das Fahrrad auch die Neuanschaffung bei einem wirtschaftlichen Totalschaden. Neben diesen Schadenspositionen können auch noch weitere Ansprüche hinzukommen. Bei einem Unfall mit dem Fahrrad können auch Kleidung oder Accessoires, die man bei sich geführt hat, beschädigt oder zerstört werden.
Neben den Wiederherstellungskosten für das Fahrrad ist für Sie als Geschädigter aber das Schmerzensgeld die wichtigste Schadensposition: Mangels Knautschzone sind Fahrradunfälle sehr gefährlich, es kann zu schweren Gesundheitsschädigungen kommen. Das Schmerzensgeld muss immer individuell berechnet werden. Ein erster Anhaltspunkt bieten jedoch die Schmerzensgeldtabellen.
Wenn alle Schadenspositionen zusammengerechnet wurden, muss unter Umständen eine Kürzung vorgenommen werden. In den meisten Fällen wird eine Kürzung Ihrer Ansprüche vorgenommen, wenn Ihnen ein Mitverschulden an dem Unfall vorgeworfen werden kann. Nach § 254 BGB ist dabei das Mitverschulden als Quote vom Schadensersatz abzuziehen.
Musik während der Fahrt hören oder am Handy spielen? Lesen Sie hier, welche Verhaltensweisen zu einer Mitschuld führen können!
Rechtsprechung zur Helmpflicht
Teilweise wurde früher argumentiert, dass ein Fahrradfahrer ein Mitverschulden an seinen eigenen Verletzungen hat, wenn er keinen Helm trug. In anderen Worten: Dadurch, dass der Fahrradfahrer keinen Helm auf hatte, hat er seine eigenen Verletzungen mitverursacht, da es zu keiner / weniger schwerwiegenden Verletzungen gekommen wäre, wenn der Helm getragen worden wäre. Auch unter den Gerichten in Deutschland wurde diese Frage häufig unterschiedlich beurteilt:
Während einige Gerichte davon ausgingen, dass es keine Helmpflicht gäbe, gingen andere davon aus, dass zumindest Rennfahrradfahrer einen Helm zu tragen hat, wenn kein Mitverschulden zur Last gelegt werden soll.
Im Jahr 2013 urteilte dann das OLG Schleswig: Wer als Radfahrer keinen Helm trage, dem könne der Schadensersatzanspruch um 20 % aufgrund von Mitverschulden gekürzt werden. (Urt. v. 05.06.2013, Az. 7 U 11/12)
Dieses Urteil wurde jedoch relativ schnell vom BGH einkassiert:
Das Nichttragen eines Fahrradhelms führt entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht zu einer Anspruchskürzung wegen Mitverschuldens“ (BGH, Urt. v. 17.06.2014, Az. VI ZR 281/13)
Dabei führte der BGH weiter aus: Grundsätzlich gebe es keine gesetzliche Verpflichtung dazu, einen Helm als Fahrradfahrer zu tragen. Ein Fahrradfahrer muss sich „verkehrsrichtig“ verhalten, was sich nicht nur durch die geschriebenen Regeln der Straßenverkehrsordnung bestimmt, sondern durch die konkreten Umstände und Gefahren im Verkehr sowie nach dem, was den Verkehrsteilnehmern zumutbar ist, um diese Gefahr möglichst gering zu halten. Aber: Dafür muss das Tragen des Helms dem „allgemeinen Verkehrsbewusstsein“ entsprechen. Und dies lag (zumindest zum Zeitpunkt des Urteils) nicht vor.
Fazit
Mithin bleibt festzuhalten: Das Tragen eines Helms ist zwar höchst vorteilhaft, wenn hierauf verzichtet wird, wird aber ein eventuell bestehender Schadensersatzanspruch nicht gekürzt. Dies ist zumindest solange der Fall, wie es nicht zum „allgemeinen Verkehrsbewusstsein“ gehört, als Fahrradfahrer einen Helm zu tragen, oder dass eine gesetzliche Helmpflicht statuiert wird.