Im Folgenden präsentieren wir Ihnen 9 Urteile zum Thema Schmerzensgeld und Schadensersatz nach Motorradunfällen, die Sie kennen sollten. Dabei handelt es sich bewusst nicht um Urteile, die die Höhe des Schmerzensgeldes behandeln, sondern andere, relevante haftungsrechtliche Fragen ausleuchten.
Wenn Sie als Betroffener nach einem Motorradunfall wissen wollen, in welcher Höhe Sie mit einem Schmerzensgeld rechnen können, empfehlen wir Ihnen die Ersteinschätzung mit dem Schmerzensgeldrechner.
Haftung bei Rollsplitt
Brandenburgisches Oberlandesgericht, Urteil vom 27. Oktober 2020 – 2 U 106/19
Grundsätzlich kann das Warnschild, welches auf Rollsplitt hinweist, die Haftung des verantwortlichen Straßenbaulastträgers ausschließen. Dies ist jedoch nicht der Fall, wenn das Warnschild nicht an der richtigen Stelle, also noch vor Beginn des Rollsplittes aufgestellt worden ist.
Haftung bei „glitschiger“ Fahrbahn
LG Detmold, Urteil vom 03. Februar 2016 – 9 O 86/15
Das Landgericht Detmold befand, dass das Land NRW aufgrund eines zu glatten Fahrbahnbelages zur Haftung nach einem Motorradunfall aufgrund der Glitschigkeit der Straße verpflichtet sei.
Dies ist vor allem der Fall, wenn der Unfallort für seine mangelnde Griffigkeit bereits bekannt sei. Dabei muss sich aber der Motorradfahrer die Betriebsgefahr seines eigenen Motorrades anrechnen lassen. Im entschiedenen Fall ging das LG Detmold von einem Mitverschulden i.H.v. 25 % aus.
Fangzaun für Werbeschilder?
OLG Hamm, Beschluss vom 15. März 2016 – I-9 U 134/15
Grundsätzlich sind die Aufsteller von Werbeplakaten nach dem Straßen- und Wege-Gesetz verpflichtet, Werbemonumente so aufzustellen, dass von ihnen keine Gefahr für den Straßenverkehr ausgeht.
Wird gegen diese Pflicht verstoßen, kann unter Umständen eine Haftung des Werbeplakatsaufsteller bestehen. Der Plakataufsteller ist aber nicht dazu verpflichtet, eine Polsterung oder einen Fangzaun aufzustellen, wenn das Werbeplakat mehrere Meter von einer Fahrspur entfernt ist.
Schadensersatz bei Verleitung zur Notbremsung
Saarländisches Oberlandesgericht Saarbrücken, Urteil vom 07. Januar 2003 – 3 U 26/02 – 1
Wenn ein Kradfahrer durch einen Vorausfahrenden zu einer Notbremsung gezwungen wird, und hierdurch stürzt, kann er zwar ein Schmerzensgeld geltend machen, trägt dabei jedoch zwischen 1/3 und 2/3 der Schuld.
Denn grundsätzlich ist ein Motorradfahrer verpflichtet, so viel Abstand zum Vorausfahrenden zu lassen, dass er rechtzeitig und Notbremsung zum Stehen kommt. Es muss aber mit einbezogen werden, aus welchem Grund der Vorwegfahrende bremste.
Mithaftung wegen Nichttragens von Motorradschuhen?
OLG Nürnberg, Beschluss vom 09. April 2013 – 3 U 1897/12
„Es gibt jedenfalls derzeit kein allgemeines Verkehrsbewusstsein, dass das Tragen von Motorradschuhen zum eigenen Schutz eines Motorradfahrers erforderlich ist.
Daher ist ein Mitverschulden eines verletzten Motorradfahrers, der im Unfallzeitpunkt Sportschuhe trug, aus diesem Grunde zu verneinen. Ihre Ansprüche dürfen also nicht gekürzt werden, weil Sie beim Motorradunfall keine Motorradstiefel trugen.
Schadensersatz für den Motorradhelm
AG Bochum, Urteil vom 27. Juni 2013 – 40 C 210/12
Selbst wenn ein Motorradhelm äußerlich nicht beschädigt wurde, muss dieser ersetzt werden. Denn bei einem Sturz mit dem Helm, bei dem es zumindest zu Kontakt mit dem Boden oder dem Unfallgegner gekommen ist, kann nicht ausgeschlossen werden, dass es zu verborgenen Mängeln am Helm gekommen ist. Bei dem Ersatz muss aber für alte Helme dann ein „Neu-für-Alt-Anzug vorgenommen werden.
Schadensberechnung bei beschädigter Motorradkleidung
OLG Karlsruhe, Beschluss vom 21. September 2009 – 15 U 71/08 (kostenpflichtiger Abruf)
Bei dem Ersatz von Schäden an der Motorradkleidung muss ein Neu-für-Alt-Abzug vorgenommen werden. Dabei ist aber trotzdem zu beachten, dass Motorradkleidung, anders als Alltagskleidung, besonders haltbar ist. In diesem Fall kann daher durchaus argumentiert werde, dass ein Abzug stattfindet, dieser aber geringer ausfällt, als wenn es sich um gewöhnliche Kleidung handelt.
Haftung des Fahrlehrers bei Sturz eines Motorradfahrschülers
OLG Hamm, Urteil vom 05. April 2005 – 9 U 41/03
„Stürzt eine Motorradfahrschülerin bei Bremsübungen aus 50 km/h, kann für den Schaden der Fahrlehrer verantwortlich gemacht werden, wenn die Fahrschülerin nicht mit geeignetem Schulungsfahrzeug oder ausreichenden Bremsübungen aus geringeren Geschwindigkeiten an das Gefahrenrisiko hoher Bremsverzögerung herangeführt worden ist.“