Schadensfälle wie Verkehrsunfälle oder Fahrradunfälle sind selten unkompliziert. Besonders ärgerlich wird es aber, wenn diese durch Auslandsbezug noch verkompliziert werden. Es kann unübersichtlich werden, wenn ein Unfall im Ausland geschieht oder ein Schaden durch ein ausländisches Fahrzeug verursacht wurde. Denn hierbei stellt sich dann die Frage, ob für Ihren Schadensfall überhaupt deutsche Gesetze Anwendung finden. Was Sie bei einem Schadensfall mit Auslandsbezug beachten müssen, und was dies für Ihren Schmerzensgeldanspruch bedeutet, zeigen wir Ihnen in diesem Beitrag!
Wann ist deutsches Recht anwendbar?
Bevor ein Schmerzensgeld oder ein Schadensersatz nach deutschem Recht gefordert werden kann, muss überprüft werden, ob das deutsche Recht überhaupt anwendbar ist. Dieses Rechtsgebiet wird auch „IPR“ genannt, also Internationales Privatrecht. Dies ist nicht mit der Zuständigkeit der deutschen Gerichtsbarkeit zu verwechseln. Denn ein deutsches Gericht kann zwar zuständig sein, muss aber gegebenenfalls dann ausländisches Recht anwenden, wenn die Rechtsordnung dies fordert.
Es kann sogar zu einer dreifachen Zersplitterung führen: Im Jahr 2016 entschied der BGH einen Verkehrsunfall sowohl nach österreichischem als auch (ehemals) jugoslawischen Recht, als bei einem Verkehrsunfall ein Deutscher durch ein bei einer österreichischen Versicherung versicherten Kfz im Kosovo geschädigt wurde.
Unfall im Ausland
Bei einem Schadensfall im Ausland ist zunächst nach EU-Ausland und sonstigem Ausland zu unterscheiden. Denn die EU hat durch ihre Rom-Verordnungen das europäische internationale Deliktsrecht vorrangig geregelt.
Sie werden im EU-Ausland verletzt
Nach Art. 4 Abs. 1der Rom II VO gilt:
„Soweit in dieser Verordnung nichts anderes vorgesehen ist, ist auf ein außervertragliches Schuldverhältnis aus unerlaubter Handlung das Recht des Staates anzuwenden, in dem der Schaden eintritt, unabhängig davon, in welchem Staat das schadensbegründende Ereignis oder indirekte Schadensfolgen eingetreten sind.“
Beispiel: Sie wurden in Italien von einem Hund gebissen. In diesem Fall ist das italienische Recht anzuwenden.
Eine Ausnahme besteht aber nach Art. 4 Abs. 2 Rom II VO, wenn der Schädiger im Ausland auch seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat.
„Haben jedoch die Person, deren Haftung geltend gemacht wird, und die Person, die geschädigt wurde, zum Zeitpunkt des Schadenseintritts ihren gewöhnlichen Aufenthalt in demselben Staat, so unterliegt die unerlaubte Handlung dem Recht dieses Staates.“
Sie werden im Nicht-EU-Ausland verletzt
Wenn die Verletzung in einem Drittstaat, wie beispielsweise Ägypten erfolgt, wird nach Art. 40 EGBGB das „Tatort“-Recht angewandt. Sie können aber verlangen, dass anstelle dieses Rechts das Recht des Staates angewandt wird, in dem der Erfolg eingetreten ist. Erfolg in diesem Kontext meint die Verletzung. Der Tatort und der Erfolgsort der deliktischen Handlung liegen aber regelmäßig am selben Ort. Wenn ein Hund in Ägypten Ihnen ins Bein beißt, können Sie nicht vorbringen, dass die Verletzung erst in Deutschland stattgefunden habe.
Durchsetzung Ihres Schmerzensgeldes
Besonders kompliziert wird es leider, wenn Sie Ihren Anspruch gegen jemanden durchsetzen müssen, der im Ausland verweilt. Aus Platzgründen kann hier nicht auf alle Besonderheiten eingegangen werden. Zumindest innerhalb der EU kann durch das europäische Mahnverfahren eine Durchsetzung des Schmerzensgeldes und restlichen Schadensersatzanspruches möglich sein.
Schadensfall im Inland mit Nichtstaatsbürger
Wenn Sie in Deutschland geschädigt wurden und der Unfallverursacher keinen deutschen Pass besitzt, ändert dies erstmal nichts an der Anwendbarkeit des deutschen Rechts. In diesen Fällen können Sie ganz regulär Ihren Anspruch nach deutschem Recht durchsetzen. Falls Sie Ihr Schmerzensgeld vor Gericht durchsetzen müssen, ist das Gericht zuständig, in dessen Bezirk die Deliktshandlung vorgenommen wurde (§ 32 ZPO). Das gleiche gilt für ein ausländisch versichertes Kraftfahrzeug.
Wenn der Schädiger zwar kein Staatsbürger ist, aber sein allgemeiner Wohnsitz in Deutschland liegt, können Sie neben dem Gericht der deliktischen Handlung grundsätzlich auch das Gericht wählen, an dem der Schädiger seinen dauerhaften Wohnsitz hat. (§§ 12, 13, 32, 35 ZPO)
Fazit
Es können Verletzungen, die einen Auslandsbezug aufweisen, auch nach deutschem Recht entschieden werden, wodurch Ihr Schmerzensgeld nach den deutschen Gesetzen beurteilt wird (§ 253 BGB). Grundsätzlich werden Fälle in Deutschland, gleich ob mit einem Nichtstaatsbürger oder einem anderen Deutschen, immer nach deutschem Recht entschieden. Bei Schadensfällen im Ausland stellt sich die Sachlage jedoch komplizierter da.