Ihr Chef bittet Sie kurz zu sich, man müsse reden. Eine Kündigung liegt auf dem Tisch, das Herz rast und wenige Minuten später ist das Gespräch bereits beendet. Auf einmal ist der sicher geglaubte Arbeitsplatz weg.
Im Unternehmen weiterarbeiten möchte man nicht mehr. Das Vertrauen fehlt. Gleichzeitig möchten Sie nach den Monaten oder Jahren guter Arbeit das Ende auch nicht „einfach so“ hinnehmen.
Eine Möglichkeit: die Abfindung.
Video: Abfindung richtig verhandeln
Was ist eine Abfindung?
Eine Abfindung ist eine Entschädigung für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses.
Dabei ist die Abfindung gesetzlich nur in zwei Konstellationen geregelt:
- bei betriebsbedingter Kündigung gem. § 1a KSchG und
- bei Unzumutbarkeit der Fortführung gem. § 9 KSchG.
Ist eine Abfindung nicht z.B. in einem Tarifvertrag oder einer anderen Vereinbarung festgehalten, ist eine Abfindung ein Vergleichsvertrag, der dann auf das Verhandlungsgeschick des Arbeitnehmers zurückzuführen ist. Dies ist in der Mehrheit der Abfindungen der Fall.
Wann erhalte ich eine Abfindung nach einer Kündigung?
Eine Abfindung erhalten Sie keinesfalls automatisch mit der Kündigung, sondern muss von Ihnen eingefordert und notfalls eingeklagt werden.
In den allermeisten Fällen handelt es sich bei einer Abfindung nach einer Kündigung um einen Vergleichsvertrag, der die Unsicherheiten über die Wirksamkeit der Kündigung beseitigen soll.
Deshalb muss hierzu aktiv verhandelt werden. Die Verhandlungen sollte immer ein Rechtsanwalt für Arbeitsrecht führen.
Muss ich für eine Abfindung klagen?
Die Abfindung soll den Verlust des Arbeitsplatzverlusts entschädigen. Die Entschädigung wird in den allermeisten Fällen zwischen der Arbeitgeber- und der Arbeitnehmerseite verhandelt.
Doch welches Interesse hat der Arbeitgeber daran, eine Abfindung freiwillig zu zahlen bzw. diese zu verhandeln?
Arbeitgeber sind daran interessiert, dass die ausgesprochene Kündigung auch Bestand hat.
Der Arbeitnehmer kann (nur) im Rahmen einer Kündigungsschutzklage die Unwirksamkeit der Kündigung feststellen lassen. Hierfür ist die dreiwöchige Frist zur Erhebung der Kündigungsschutzklage zwingend zu berücksichtigen.
Hält der Arbeitnehmer die Frist nicht ein, gilt die Kündigung als wirksam und mit Ablauf der Frist entfällt schlagartig das Interesse des Arbeitgebers, mit Ihnen über eine Abfindung noch zu verhandeln.
Deshalb gilt:
Lässt sich eine rechtsverbindliche, im Original unterzeichnete Abfindung noch sicher einige Tage vor Ablauf der Kündigungsschutzfrist erzielen, muss nicht mehr Klage erhoben werden.
Sobald jedoch gegen Ende der Kündigungsschutzfrist kein verbindlicher Abfindungsvertrag vorliegt, muss als Arbeitnehmer Kündigungsschutzklage erhoben werden, um so die Verhandlungen über die Abfindung weiter laufen lassen zu können.
Als Arbeitnehmer sollten Sie niemals selbst Klage erheben, denn Sie haben aufgrund der engen Frist nur einen Versuch. Scheitert die Klage an formalen Voraussetzungen und ist diese unzulässig, können Sie nicht mehr gegen die Kündigung vorgehen, sodass auch die Abfindungsverhandlungen für Sie ergebnislos enden werden.
Was sind die Nachteile einer Abfindung?
Die Nachteile einer Abfindung hängen stark vom Inhalt des Vergleichsvertrages ab.
Grundsätzlich immer zu beachten ist jedoch die Tatsache, dass Sie mit einem Abfindungsvertrag an Ihrer eigenen Arbeitslosigkeit mitwirken, indem Sie die Kündigung faktisch akzeptieren.
Diese Mitwirkung an der eigenen Arbeitslosigkeit kann zu einer Sperre beim Bezug von Arbeitslosengeld führen. Sollten Sie also nicht einen nahtlosen Übergang bei einem neuen Arbeitgeber gewährleisten können, muss die Gefahr einer Sperre finanziell mit berücksichtigt werden.
Auch das Risiko einer Arbeitslosengeld-Sperre kann im Rahmen eines Abfindungsvertrages reduziert werden, wenn aus dem Vertrag deutlich wird, dass ohne Abfindungsvertrag eine betriebsbedingte Kündigung unausweichlich gewesen wäre.
Hier kommt es auf eine präzise Formulierung und die genauen Umstände der Kündigung an, da umgekehrt keine unwahren Formulierungen gewählt werden können, um Sozialleistungen beziehen zu können.
Wie hoch ist eine Abfindung?
Die Höhe der Abfindung ist ebenfalls vom Verhandlungsgeschick und der Dauer der Betriebszugehörigkeit abhängig.
Grundsätzlich wird sich als Ausgangspunkt an der Regelung des § 1a Abs. 2 KSchG orientiert. Dort heißt es:
„Die Höhe der Abfindung beträgt 0,5 Monatsverdienste für jedes Jahr des Bestehens des Arbeitsverhältnisses. § 10 Abs. 3 gilt entsprechend. Bei der Ermittlung der Dauer des Arbeitsverhältnisses ist ein Zeitraum von mehr als sechs Monaten auf ein volles Jahr aufzurunden.“
Vereinfach bedeutet dies
0,5 Bruttomonatsgehalt x Beschäftigungsjahr
Ist die Kündigung im Einzelnen sehr streitig und wird Ihnen z.B. ein Fehlverhalten vorgeworfen, reduziert sich die Abfindung zumeist noch einmal.
Ist die Kündigung aus Arbeitgebersicht kaum zu beweisen und damit vorhersehbar unwirksam, erhöht sich der Faktor zumeist noch einmal zugunsten des Arbeitnehmers – teilweise sogar deutlich.
Auch hier kommt es also auf geschickte Abfindungsverhandlungen an, um besonders gute Ergebnisse erzielen zu können.
Deshalb sollten solche Abfindungsverhandlungen als Arbeitnehmer selbst geführt werden, sondern einem Rechtsanwalt für Arbeitsrecht übergeben werden.
Vorsicht Abfindungsklauseln
Bei Abfindungsverhandlungen wird nicht nur über den eigentlichen Wegfall des Arbeitsplatzes verhandelt, häufig werden auch Abfindungsklauseln aufgenommen, die sämtliche vergangene, gegenwärtige und zukünftige Ansprüche damit ausschließen. Sämtliche Ansprüche.
Hierzu können folgende Ansprüche zählen:
- Überstunden
- Boni
- Provisionen
- VSOPs / Aktienanteile / Unternehmensanteile
- Gehaltszahlungen
- Altersversorgung
- …
Sogar nicht monetäre Ansprüche wie ein Zeugnis können hiermit abschließend geregelt werden, sodass nicht nur die Höhe der Abfindung in den Blick genommen werden darf, sondern sämtliche Ansprüche berücksichtigt und der Abfindungszahlung gegenüber gestellt werden müssen.
Wie wird die Abfindung versteuert?
Die Abfindung unterliegt der regulären Besteuerung. Allerdings kann die „Fünftelregelung“ (§§ 34, 24 EStG) in Anspruch genommen werden, sodass die Steuerlast über fünf Jahre verteilt werden kann und nicht sofort vollständig geleistet werden muss.