BGH: Untervermietung auch bei Abwesenheit des Hauptmieters möglich?

Mietrecht

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat sich mit Urteil vom 13.9.2023 – VIII ZR 109/22 zu beschäftigen gehabt, wann (noch) eine Untervermietung vorliegt, wenn der eigentliche Hauptmieter für einen längeren Zeitraum vollständig abwesend ist. 

Sachverhalt

Der Hauptmieter wollte von seinem Vermieter die Zustimmung zur Untervermietung seiner Einzimmerwohnung im Rahmen eines Auslandsaufenthaltes. In dieser Zeit nutzt er die Wohnung nur für die Zwischenlagerung von eigenen Gegenständen. Seine persönlichen Gegenstände lagerte er in einem Schrank, einer Kommode und einem durch einen Vorhang abgetrennten Bereichs des Flurs (ca. 1m²) ein; er ist weiter im Besitz des Wohnungsschlüssels.

Die Zustimmung für die Untervermietung während seiner Abwesenheit im Rahmen eines Auslandsaufenthaltes lehnte der Vermieter ab, sodass der Mieter auf Zustimmung klagte. 

Entscheidung des BGH

Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass Mieter auch bei einer Einzimmerwohnung untervermieten dürfen, solange sie den Gewahrsam an der Wohnung nicht vollständig aufgeben.

Nach Ansicht des BGH ist von einer Überlassung eines Teils des Wohnraums an Dritte bereits dann auszugehen, wenn der Mieter den Gewahrsam an der Wohnung nicht vollständig aufgibt. Es ist nicht erforderlich, dass der zurückbehaltene Teil der Wohnung auch zu Übernachtungszwecken genutzt werden kann. Die Lagerung von persönlichen Gegenständen reicht bereits aus.

Ein berechtigtes Interesse des Mieters an der Untervermietung liegt vor, wenn vernünftige Gründe vorliegen, die den Wunsch nach Überlassung eines Teils der Wohnung an Dritte nachvollziehbar erscheinen lassen. Dieses Interesse muss mit der geltenden Rechts- und Sozialordnung in Einklang stehen. Im vorliegenden Fall wurde der Wunsch des Mieters, der für eine befristete berufliche Tätigkeit ins Ausland ging und seine Mietaufwendungen verringern wollte, als berechtigtes Interesse anerkannt. Der Gesetzgeber hat mit der Schaffung der entsprechenden Regelungen erkennbar die Absicht verfolgt, dem Mieter eine Kostenentlastung durch Untervermietung zu ermöglichen.

Der Bundesgerichtshof betont, dass die Regelungen des § 553 Abs. 1 BGB nicht zwischen Mehr- und Einzimmerwohnungen unterscheiden. Ein großzügiger Maßstab sollte bei der Auslegung der Vorschrift angelegt werden, um den mieterschützenden Zweck zu erfüllen und dem Mieter den Wohnraum so weit wie möglich zu erhalten.

Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass Mieter ihre Vermieter bei der Anfrage zur Untervermietung über ihr Nutzungskonzept informieren müssen. Hierbei muss deutlich werden, wer welchen Teil der Wohnung nutzen wird. Die Lagerung von Gegenständen in bestimmten Teilen der Wohnung reicht dabei als Nutzung für den Untervermieter aus.

Einordnung

Die aktuelle Entscheidung des BGH führt zwar konsequent die Rechtsprechung fort, erweitert diese jedoch sukzessive zum Vorteil für Mieter: 

  • 2006 entschied der BGH, dass der Hauptmieter seinen Lebensmittelpunkt nicht in der untervermieteten Wohnung haben müsse (BGH, Urteil vom 23.11.2005 – VIII ZR 4/05, NJW 2006, 1200).
  • 2014 entschied der BGH bei einer 3-Zimmer-Wohnung, dass die Untervermietung zulässig sei, wenn eine Einlagerung seiner Gegenstände und gelegentliche Übernachtungen stattfänden (Urteil vom 11.6.2014 – VIII ZR 349/13)

Mit der aktuellen Entscheidung erweitert der BGH die Rechtsprechung: 

Eine Einlagerung persönlicher Gegenstände sei auch bei vollständiger Abwesenheit für einen befristeten Zeitraum ausreichend, um einen Anspruch auf Zustimmung zur Untervermietung geltend machen zu können. 

Dies gelte auch bei einer Einzimmerwohnung, in der andernfalls aufgrund der Größe eine Untervermietung regelmäßig nur schwerlich möglich ist. 

Für Vermieter 

Die Entscheidung ist aus Vermietersicht durchaus missibilligend hinzunehmen. Die Entscheidung der Vorinstanz, des LG Berlins, hat bereits in der Literatur Kritik hervorgerufen (MüKoBGB/Bieber, 9. Aufl. 2023, BGB § 553 Rn. 5). 

Denn ein Mieter wird den Gewahrsam an der Wohnung durch einen Schlüssel und wenige persönliche Habseligkeiten regelmäßig begründen können. Der berechtigte Grund wird durch die Rechtsprechung sozialverträglich ohnehin weit ausgelegt.

Die Möglichkeit, die Untervermietung zu verweigern, ist damit noch einmal begrenzt worden. 

Allerdings kann eine Verweigerung dann in Frage kommen, wenn das vom Mieter geltend gemachte „berechtigte Interesse“ gem. § 553 BGB schon bei Abschluss des Mietvertrages bestand. Denn dann ist der Mieter regelmäßig nicht mehr hinreichend schutzwürdig. 

Auch darf sich aus dem Ansinnen der Untervermietung nicht nur eine rein wirtschaftlich motivierte Tätigkeit ergeben. Der Mieter muss beabsichtigen, seinen Lebensmittelpunkt in der Wohnung nicht aufzugeben oder die Wohnung selbst wieder hierfür zu nutzen. 

Für Mieter

Die Entscheidung unterstreicht und stärkt die für die Lebensführung von Mietern erforderliche Flexibilität, die Wohnung auch unterzuvermieten. Dabei können auch längere Auslandsaufenthalte ohne eigene Nutzung in der Zwischenzeit dem nicht entgegenstehen. 

Der Vermieter muss dann die Zustimmung erteilen. Die Zustimmung kann bei Wohnmietraum sogar – wie im Fall des BGH – eingeklagt werden. 

Zu beachten ist jedoch, dass der Gewahrsam nicht aufgegeben werden darf: der Hauptmieter muss die Rechte aus dem Mietvertrag weiter ausüben können und darf die Wohnung nicht faktisch für sich selbst „aufgeben“. 

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